Das Bestellerprinzip für Mietwohnungen in der Praxis oder:
hinfahren, aufschließen, abkassieren?

Von Dieter Kolbow, selbständiger Immobilienmakler seit fast 30 Jahren.


Ich versuche an einem Beispiel zu erklären, weshalb das Bestellerprinzip für Mietwohnungen nicht funktioniert.

Nehmen wir an, Familie Anspruch sucht eine Mietwohnung und wendet Sich mit dem Wunsch nach Auftrag an einen Makler, dieser möge Ihnen eine Mietwohnung gegen die Zahlung von 2 Monatsmieten als Provision beschaffen. Nehmen wir auch an, Maklerbüro Blöd und Fleißig würde dies auch wirklich tun, dann ergäbe sich folgende Situation:

Familie Anspruch muss zum Maklerbüro Blöd und Fleißig gehen / fahren, dort einen Auftrag erteilen, welcher die Provisionszahlung beinhaltet. Zeitaufwand für den Makler ca. 2 Stunden mit Vorbereitung des Vertrages. Die Rechtsprüfung durch einen Anwalt bezüglich korrekter Formulierung, Datenschutzformulierung etc. nicht eingerechnet. Dann wird das Suchprofil des Interessenten genau besprochen und notiert, Zeitaufwand etwa 0,5 Stunde.

Jetzt beginnt für den Makler Blöd und Fleißig die Arbeit, Familie Anspruch könnte inzwischen noch 5 oder 10 weitere Makler kontaktieren, um auch dort einen derartigen Vertrag zu schließen, Familie Anspruch möchte ihre Chancen vermutlich groß halten.

Am Markt sind augenscheinig wenige Mietwohnungen, die Eigentümer lassen sich hofieren. Der Makler würde gerne die Eigentümer kontaktieren, darf das aber nicht tun, weil er das Einverständnis der Vermieter nicht schriftlich vorliegen hat. Damit endet für die meisten Makler schon das Engagement. Die Annahme, der Makler habe unzählige Wohnungen zur Auswahl ist schon lange nicht mehr zutreffend.

Nehmen wir aber an, der Makler Blöd und Fleißig verfügt über unglaubliche Kontakte, oder er spricht die Vermieter auch ohne deren Einverständnis gesetzeswidrig an und erhält schon nach dem 5. Kontakt eine Wohnung, welche er für diese suchenden Mietinteressenten für geeignet hält. Der Vermieter, Herr Allesmeins, ist einverstanden, dass der Makler Blöd und Fleißig die Wohnung seinem Kunden anbietet, solange er keine Provision bezahlen muss. Prima. Nun macht der Makler die notwendigen Bilder für das Expose, er besorgt den Grundrissplan und den Energierausweis sowie die Nebenkostenabrechnung für die Wohnung. Er fährt wieder in sein Büro, wo er mit einer teuren Software in der Lage ist, in kurzer Zeit ein Expose zu erstellen. Zeitaufwand etwa 1 Arbeitstag mit Beschaffung aller Unterlagen, wenn er über entsprechendes Equipment verfügt.

Nun kommt der große Moment für den Makler Blöd und Fleißig, an welchem er seinem suchenden Kunden anruft und mitteilt, dass er ihm eine Wohnung anbieten könne. Es wird ein Termin in dieser Wohnung vereinbart, unter der Woche geht das leider nicht, der Kunde hat nur am Wochenende Zeit oder aber nach 19 Uhr. Samstag Mittag nimmt Familie Anspruch mit "ihrem" Makler die Wohnung in Augenschein. Leider ist der Balkon zu klein und auch der vorhandene Stellplatz ersetzt nicht die fehlende Tiefgarage. Das macht ja nichts, jedenfalls für Familie Anspruch, die hat noch Zeit. Zeitaufwand für den Makler weitere ca. 2,5 Stunden.

Man könnte meinen, jetzt habe der Makler Blöd und Fleißig ja wenigstens eine Wohnung im Bestand, welche er zur Miete anbieten kann, aber Fehlanzeige. An den Vermieter der Wohnung ist Makler Fleißig ja heran getreten mit der Aussage, er habe einen Kunden, welcher im Falle eines Zustandekommens eines Mietvertrages die 2 Monatsmieten Provision bezahlen würde. Dem Vermieter Allesmeins ist also nicht im Nachhinein zu vermitteln, weshalb er nun doch den Auftrag provisionspflichtig an den Makler Blöd und Fleißig richten solle, damit dieser für diese Wohnung dann doch einen Mieter finden soll. Der Maklerauftrag wird nicht erteilt, der Mieter bezahlt auch nicht, da er ja nicht gefunden hat. Makler Fleißig kann die Wohnung aus dem Bestand nehmen. Zeitaufwand gesamt: ca. 12,5 Stunden Plus Fahrzeug und Fahrkosten, Software, Büromiete und Unterhaltskosten, Personalkosten, Drucker, PC, etc.

Makler Fleißig vom Maklerbüro Blöd und Fleißig lässt sich aber nicht entmutigen, er gibt richtig Gas, er möchte diesen Kunden glücklich machen und auch sein Geld verdienen. Also spricht er weitere Vermieter an, schon nach 2 Stunden Telefonat hat er einen neuen Vermieter erfolgreich kontaktiert. Wieder fährt er vor Ort, macht Bilder, besorgt alle Unterlagen, bereitet das Expose auf und kontaktiert seinen suchenden Kunden. Der Termin wird diesmal um 19 Uhr abends gemacht, leider hat die Mietwohnung keine Einbauküche, der Vermieter ist auch nicht bereit, diese einzubauen. Das macht ja nichts, jedenfalls für Familie Anspruch, die hat noch Zeit. Zeitaufwand für den Makler ca. 10 Stunden Plus Fahrzeug und Fahrkosten, Software, Büromiete und Unterhaltskosten, Personalkosten, Drucker, PC, etc.

Makler Fleißig gibt nicht auf. 6 Wochen später kann er Familie Anspruch eine Wohnung in der Schlossallee anbieten, er ist glücklich, kontaktiert sofort nach Erstellung des Exposes Familie Anspruch. Herr Anspruch bedankt sich herzlich und teilt Makler Fleißig mit, er habe letzte Woche einen Mietvertrag unterzeichnet. Nun hat Makler Fleißig ein Problem. Der Eigentümer, Herr Zahlnix, wurde mit dem Versprechen kontaktiert, ein qualifizierter Kunde aus der Kartei wolle seine Wohnung anmieten. Herr Zahlnix ist sauer und bewertet den Makler Blöd und Fleißig bei den einschlägigen Bewertungsplattformen mit 1 Stern und entsprechendem schriftlichem Vermerk mit der Überschrift: Total inkompetent! Das macht für Familie Anspruch aber nichts, die haben ja inzwischen gefunden. Zeitaufwand für den Makler ca. 10 Stunden Plus Fahrzeug und Fahrkosten, Software, Büromiete und Unterhaltskosten, Personalkosten, Drucker, PC, etc.

2 Wochen später erhält das Maklerbüro von einer Abmahnfirma ein unfreundliches Schreiben. Makler Blöd und Fleißig hat offensichtlich einen Menschen kontaktiert, von welchem keine schriftliche Einwilligung vorlag, dass er den Vermieter anrufen darf. Vielleicht war es Herr Zahlnix, der über diesen Weg dem inkompetenten Makler noch eine Rechnung in Höhe von 2500 Euro anlastet und auch das nur dann, wenn das Maklerbüro auch noch eine Unterlassungserklärung unterschreibt. Maklerbüro Blöd und Fleißig benötigt nun bald einen Kleinkredit bei der Hausbank und hofft, dass der nächste Monat besser wird.

Das macht aber nichts für die SPD, die mit Hilfe der CDU dieses Gesetz auf den Weg gebracht haben. Auch die Linken und die Grünen haben keine ausreichende Fachkompetenz und halten das Bestellerprinzip für richtig. Die bekommen jeden Monat Ihr Gehalt in voller Höhe vom Staat, tragen kein unternehmerisches Risiko und werden nicht abgemahnt. Und weil die verantwortlichen Politiker das Bestellerprinzip nicht verstehen, bleibt alles wie es ist und wir Makler sollen das Bestellerprinzip nun auch für den Verkauf bekommen.

Fazit:

Erst wenn der letzte Makler sein Büro geschlossen hat, werdet Ihr merken, dass die Wohnungswirtschaft einst enorme Steuerzahlungen geleistet hat, viele Menschen beschäftigt hat und vielen Geschäftspartnern (Juristen, Steuerberater, Werbegrafiker, Computerprogrammierer, Softwareanbieter, Büroeinrichter etc.) gute Aufträge verschafft hat und dass auch in Maklerbüros Menschen ausgebildet wurden um dort Ihren Broterwerb zu tätigen.

Das macht den Politikern, die das entschieden haben aber nichts, die erhalten als Dank für die Vernichtung eines ganzen Wirtschaftszweiges eine fette Pension.

Aber wir gehen auch wählen.